Wo
christlicher Fundamentalismus sein
hässliches Gesicht zeigt
Bremer
Pastor Olaf Latzel hetzt gegen Homosexuelle
Dass religiöse
Fundamentalisten einzig ihre Offenbarungsschrift (und darüber
hinaus nur ihre eigene Interpretation derselben) gelten lassen, ist
nichts Neues. Es ist eine Sache, wenn dies
regelmäßig dazu führt, dass solche
Glaubensgemeinschaften mit Verve wissenschaftlich längst nicht
mehr haltbare Positionen vertreten (z. B. Kreationismus). Eine andere
Sache ist, dass leider bis heute menschenverachtende Ideen vertreten
werden, die mit der freiheitlich-demokratischen Werteordnung nicht
vereinbar sind. So hat z. B. die Unterdrückung der
Frau, übrigens nicht nur im Christentum und im Islam
(und in
letzterem leider bis heute weit verbreitet), eine unrühmliche
und oft blutige Tradition. Dass es weder aus demokratischer /
humanistischer, noch aus biologischer Sicht auch nur halbwegs
nachvollziehbare Gründe gibt, den Geschlechtern
unterschiedliche Freiheits-, Grund- oder Bürgerrechte
zuzusprechen, sollte sich doch mittlerweile herumgesprochen haben.
Aktueller Anlass für diesen Kommentar: Der Bremer Pastor Olaf
Latzel bezeichnete in einer Predigt praktizierende
Homosexualität als "todeswürdiges Verbrechen". [1] Im
Zusammenhang mit Menschen, die Homosexuellen-Interessen vertreten,
verwendete er Attribute wie "teuflisch" und "satanisch", verweigerte
einer Pastorin das Predigen von seiner Kanzel, weil sie eine Frau ist,
spricht von "teuflischem und satanischem Genderdreck". Nun ermittelt
der Staatsschutz gegen ihn, und die Kirche prüft
Disziplinarmaßnahmen. Zwei Tage später ist er wieder
zurück gerudert. [2] Wie
glaubhaft seine Relativierung ist, möge jeder selbst
entscheiden.
Gewiss, solche Menschen gibt es und wird es leider auch immer
geben. Fatal ist jedoch, dass es hierzu (a) im ganz rechten politischen
Spektrum und (b) bei den Evangelikalen und konservativ
Gläubigen rege Zustimmung gibt. So schreibt z. B. Markus
Widenmeyer, ein aktiver, bekennender, evangelikaler Christ und
Kreationist bei WORT-UND-WISSEN und außerdem etliche
Jahre aktives AfD-Mitglied, Bezug nehmend auf Latzels
Äußerungen: [3]
"Ein
Staat, der anstelle linker Extremisten freie
Meinungsäußerung verfolgt, ist böse und
totalitär". (24. April 2020 um 19:00).
Da stockt der Atem. Wer sich verächtlich über
Minderheiten auslässt und gegen sie hetzt, obwohl sie
niemandem schaden, betreibt also "freie
Meinungsäußerung", und ein Staat, der eine
Minderheit gegen solch pauschale, boshafte Diffamierung
schützt, ist "böse und
totalitär"? Mal zum Nachdenken: Mit demselben
Argument könnte sich ein Antisemit, der von der Kanzel herab
Juden als todeswürdige Verbrecher und Christusmörder
verunglimpfte, mit freier Meinungsäußerung
herausreden.
Interessant ist übrigens das "Tu-quoque"
Argument, das Widenmeyer & Co anführen: Es wird
(natürlich vollkommen zurecht!) moniert, dass
Personen wie
Pastor Latzel ihrerseits bedroht werden. Selbstredend ist es ein
Verbrechen, Mitglieder aus ultra-rechten und -linken Parteien und
überhaupt Menschen mit inakzeptablen Ansichten zu bedrohen
oder anzugreifen, aber dadurch werden deren Taten nicht besser. Eines
hat mit dem anderen nichts zu tun. Wenn Widenmeyer jedoch die
"Standfestigkeit" des ultra-konservativen Pastors
Latzel mit Dietrich Bonhoeffer vergleicht, [4] der
im Kampf gegen ein Gewaltregime sein Leben ließ, so ist dies
abscheulich und inakzeptabel.
Das eigentlich Schlimme aber ist: Bei der christlichen
Gruppierung WORT-UND-WISSEN hat offenbar niemand Probleme mit
Widenmeyers
zynischen Ideen (ganz nebenbei bemerkt ebenso wenig wie damit, dass er
irrationale Verschwörungstheorien im Zusammenhang mit COVID-19
verbreitet). [5] In
unseren Augen zeigt sich hier das
hässliche Gesicht des christlichen Fundamentalismus
von WORT-UND-WISSEN, wo man ganz offenbar keine Probleme mit
Ideen hat,
die mit
Freiheit und Demokratie unvereinbar sind.
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Fußnoten
[1] Weser-Kurier: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Bremer Pfarrer
wegen
Volksverhetzung. https://tinyurl.com/ycgezc8g
[2] Buten un Binnen: Nach Ermittlungen: Bremer Pastor Latzel verteidigt
sich.
https://tinyurl.com/y9fu8yje
[3] Facebook-Eintrag
vom 24.04.2020: https://tinyurl.com/yagt288n
[4] Facebook-Eintrag vom 26.04.2020: https://tinyurl.com/ycarlnap
[5] Siehe Facebook-Eintrag "Freiheit - oder ein
merkwürdig inkonsequenter Gesundheits-Polizeistaat?":
"Geht
es der WHO um den Schutz menschlichen Lebens? Die Antwort lautet
'nein'. Es muss sich um andere Ziele handeln."
"Menschen retten durch massives Einschränken von Grundrechten?
Menschenretten ist ganz offensichtlich nicht das Ziel. Das Morden wird
jetzt noch erleichtert. So einfach und bequem wurde es Schwangeren noch
nie ermöglicht, an die erforderliche Tötungsoperation
für ihr Ungeborenes zu kommen." (https://www.facebook.com/profile.php?id=100011116603304)
Autor:
AG Evolutionsbiologie
© AG
Evolutionsbiologie des VdBiol.
04.05.2020