Faktenwissen
Genial daneben: das irreparable Design des Linsenauges
Kreationistische Irrtümer über die Qualität der Netzhaut
Das Planmäßigkeits-Argument besagt, dass biologische Merkmale aufgrund ihrer Beschaffenheit den Eindruck erwecken, als seien sie gezielt erschaffen worden ("intelligentes Design"). Wegen ihrer Zweckmäßigkeit und Zielgerichtetheit sei der Schluss auf einen Schöpfer naheliegend, ja sogar die einfachste Erklärung. Diese Argumentation hat mehrere Haken. Einer davon ist die Erkenntnis, dass, sobald man ins Detail geht, die meisten organischen Strukturen, so auch die Netzhaut des Linsenauges, konstruktive Mängel aufweisen, unzweckmäßig arrangiert sind und so in der Gesamtschau den Schluss auf eine zielgerichtete, intelligente Entstehungsursache vereiteln. Gegen diese Einsicht wehren sich Evolutionsgegner mit Händen und Füßen. Zum Beispiel sollen bestimmte retinale Ganglienzellen (sog. MÜLLER-Zellen) in der Netzhaut belegen, dass das Linsenauge optimal für seine Funktion gestaltet wurde. Im vorliegenden Diskussionsbeitrag wird die Argumentation im Detail diskutiert.
Aus dem Inhalt
- Einleitung
- Das Problem der teleologischen Argumentation
- Ein Vergleich mit der Technik
- Die Struktur der Netzhaut: Ein Argument für Evolution!
- Kreationistische Missverständnisse und retinale MÜLLER-Zellen: Ein Merkmal, das alles verändert?
- Inwieweit sind Netzhaut und MÜLLER-Zellen optimal für scharfes Sehen?
- Gibt es "gute Gründe" für eine inverse Retina? Ja, und die Evolutionstheorie kann sie sogar erklären!
- Zusammenfassung / Literatur
Zusammenfassung und Ausblick
Seit Bestehen der Evolutionstheorie wird über den Ursprung des menschlichen Auges gestritten wie über die Entstehung keines anderen Organs. Nach Ansicht der Kreationisten sei das Auge optimal und zweckmäßig für seine Funktion "gebaut" und deute somit auf ein intelligentes Design hin. Dagegen ist nach Auffassung der Evolutionsbiologen das Auge aufgrund seiner konstruktiven Mängel genau so gebaut, wie man es von einem nicht zielgerichteten Optimierungsprozess erwarten würde: Die Existenz der "verkehrt" im Augenbecher liegenden (inversen) Netzhaut ist die Konsequenz von Entwicklungszwängen, die sich historisch bis zu den Vorfahren der Wirbeltiere zurückverfolgen lassen. Nur die Evolutionstheorie kann diesen Befund differenziert (ohne unprüfbare Ad-hoc-Annahmen, quasi-theologische Deutungen zu bemühen) erklären.
Quelle
www.ag-evolutionsbiologie.net/pdf/2011/Design-Linsenauge-Netzhaut.pdf