Kutscheras
Werk ist für ein breites Auditorium geschrieben und
thematisch
äußerst weit gefächert.
Thematische Lücken in dem recht umfassenden
Themengebiet "Evolution" sind kaum zu
konstatieren. Vielleicht hätte die Theorie des "Egoistischen
Gens"
ausführlicher beschrieben werden können, auch die
Systemtheorie hätte eine Erwähnung verdient. Dass
dabei etliche Richtungen wie die "Frankfurter Theorie" oder "Gaia"
nicht behandelt werden, ist hingegen gut nachvollziehbar - sie tragen
zum Verständnis des Evolutionsprozesses wenig bis nichts bei.
Inhaltlich ist der Text weitgehend verständlich und
selbsterklärend; nur an einigen Stellen wird derart knapp
formuliert, dass ein unbedarfter Leser Probleme bekommen
könnte, den Ausführungen zu folgen
(S. 207: "plesiomorph" und "apomorph" wird reichlich kurz
abgehandelt).
Der Autor versucht gleich einen
"dreifachen Rundumschlag": (a) das Buch ist für
interessierte Laien sowie für Studenten im Grundstudium
geschrieben, (b) es handelt
nicht nur die heutige Evolutionstheorie, sondern auch deren Geschichte
ab, (c) es befasst sich nicht nur mit (Evolutions-) Wissenschaften,
sondern setzt sich auch mit pseudowissenschaftlicher
(kreationistischer) Evolutionsleugnung auseinander, wobei der
Autor
hier erfreulicherweise auf Polemik weitestgehend verzichtet.
Für eine derartige thematische Breite ist das Werk
außerordentlich gut gelungen. Der
(unvermeidbare) Preis dafür
ist, dass bei hinreichendem Eifer praktisch jeder
Abschnitt angegriffen werden könnte, weil im ganzen Buch,
notwendigerweise und
auf eine für Lehrbücher übliche
Art, vereinfacht und schematisiert wird. Somit kann man - die
dafür notwendige Ignoranz gegenüber der didaktischen
Form des
Buchs vorausgesetzt - quer durchs Buch diverse "Fehler und
Ungenauigkeiten" finden - und wir sind sicher, dass genau dies von
kreationistischer Seite aus geschehen wird.
Wenn man einen generellen
Kritikpunkt formulieren müsste, dann wohl diesen: Im letzten
Kapitel (Epilog:
christlicher Glaube und
Ethik) entfernt sich Kutschera recht weit von seiner
Expertise und handelt einen komplizierten Themenkomplex
relativ oberflächlich ab. Es
wäre wünschenswert, wenn er in der nächsten
Ausgabe dieses Kapitel zugunsten wissenschaftlicher Themen sowie einer
gründlicheren Analyse kreationistischer Behauptungen
streichen würde. Schön wäre auch,
wenn der Verlag sich erbarmen und überall dort, wo es sinnvoll
ist, Farbabbildungen spendieren würde. Ferner wäre
begrüßenswert, wenn der Verlag den Satz so gestalten
würde, dass die Abbildungen auch immer dort stehen, wo im Text
auf sie verwiesen wird.
Fazit: Das Werk ist trotz kleiner
Einschränkungen wirklich gut gelungen und sicherlich
für eine breite Leserschaft
empfehlenswert!